"Zwischen medizinischer Behandlung einer Krankheit und psychiatrischer Feststellung einer Geisteskrankheit ist der Unterschied der gleiche wie zwischen einer Wirklichkeit und einer Metapher." (Thomas Szasz)Vor 50 Jahren sorgte Thomas Szasz mit seinem Buch "The Myth of Mental Illness" für Aufruhr. Es stellte das komplette Selbstverständnis der Psychiatrie als humanmedizinische Wissenschaft in Frage. Ob jemand psychisch "normal" oder "verrückt" sei, sei eine willkürliche Definition, so Szasz. Anders als bei somatischen Erkrankungen, finden sich für einen Großteil der psychiatrischen "Krankheiten" keine eindeutigen Ursachen. Die Abgrenzung von Normalität und Verrücktsein dient lediglich dazu, gesellschaftlich anerkannte Normen durchzusetzen. Psychiatrie gilt Szasz als Machtmittel zur Ausgrenzung Andersdenkender.Dabei plädiert Szasz nicht für eine Abschaffung der Psychiatrie. Diese sollte sich jedoch von ihrer medizinischen Herkunft und dem Anspruch auf objektive Diagnosen lösen. Psychiatrie soll sich mit Regelbefolgungen, mit gesellschaftlichem "Spielverhalten" und Zeichennutzung befassen; mit moralischen Aspekten und ethischen Werten des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.Szasz' Thesen provozierten Anfang der 1960er Jahre weltweit lebhafte Diskussionen. Die erweiterte deutsche Neuauflage seines revolutionären Werkes hat nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.